Grauer Wolf - ein Indianerjunge will nach Hause
Lieferbar: Die Geschichte um drei Sioux Kinder, die aus der Boarding School fliehen; für Kinder ab 9 Jahren
Grauer Wolf ist ein kleiner Indianerjunge, der eigentlich nur mit seinen Freunden spielen möchte, doch zusammen mit den anderen Kindern wird er in eine weit entfernte Schule verschleppt. Das Leben dort ist schrecklich, denn anstelle von Liebe und Aufmerksamkeit, wird er mit militärischem Drill und Strafen erzogen. Auch seine Sprache darf er nicht mehr sprechen und seine Haare werden abgeschnitten. Als das Heimweh immer schlimmer wird, fasst er einen mutigen Plan: Zusammen mit zwei anderen Kindern seines Volkes will er die Flucht wagen und nach Hause zurückkehren. Auf der abenteuerlichen Reise bekommen sie unerwartet Hilfe von Wilbert, einem Tramp.
Eine wahre Geschichte um ein fast vergessenes Verbrechen: Die Erziehung der Indianerkinder in Boarding Schools – erzählt für Kinder ab 9 Jahren.
AmerIndian Research, Bd. 13/2 (2018), Nr. 48
In diesem Buch für jüngere Leser schildert die Autorin die Geschichte eines Indianerjungen, der in eine der sogenannten Boarding Schools geschickt wird. Weitab von zu Hause wird er dort mit militärischem Drill und harten Strafen erzogen. Seine Muttersprache ist verboten, unterrichtet wird in der Sprache der "Weißen". Mit dieser spannenden Erzählung für Kinder
spricht Kerstin Groeper eines der dunkelsten Kapitel der US-amerikanischen Geschichte an. Ihr Romanheld muss viele Demütigungen erleiden und entschließt sich am Ende zur Flucht nach Hause. Auch wenn es sich um eine fiktive Beschreibung handelt, so ist es doch eine realistische Darstellung der damaligen Realität. Und es ist nicht verkehrt, dass diese auch den heutigen Kindern vor Augen geführt wird. So lesen sie, wie die indianischen Kinder aus der Reservation geholt und in eine weit entfernte Schule transportiert werden. Kerstin Groeper beschreibt die Zustände in dieser Schule und lässt den Haupthelden Grauer Wolf den Entschluss fassen, nach Hause zu flüchten. Diese abenteuerliche Flucht gelingt mit Hilfe eines Tramps und ist spannend zu lesen. Die Autorin legt hier eine äußerst realistische Schilderung vor, weitab von irgendwelchen Klischees.
MK
Eines Nachmittags erreichten sie den Ort, den die Weißen „Schule“ nannten. Es war ein riesiges Gebäude, an das einige weitere Gebäude,angrenzten. Mehrere weiße Frauen und Männer standen auf der Veranda vor dem Eingang und musterten die Ankömmlinge streng. Zuerst mussten sich die Jungen und Mädchen nach der Größe sortiert aufstellen, doch es dauerte eine Weile, weil die Kinder die fremden Worte nicht verstanden. Dann wurden die Jungen und Mädchen getrennt in die Gebäude geführt. Als Erstes wurde ihnen die Kleidung abgenommen. Grauer-Wolf wurde unter eine Dusche gestellt und musste sich abschrubben, dann bekam er Unterwäsche zugeteilt. Er hatte bisher immer nur seinen Lendenschurz getragen und wusste nicht, was er mit diesen seltsamen weißen Kleidungsstücken anfangen sollte. Dann musste er sich auf einen Stuhl setzen und ein Mann mit einer großen Schere begann, ihm die langen Haare abzuschneiden. Grauer-Wolf war so entsetzt, dass er aufsprang und versuchte, aus dem Raum zu flüchten. Zwei Männer fingen ihn wieder ein, packten ihn an den Oberarmen und schleiften ihn zum Stuhl zurück. Auch andere Jungen wollten aufspringen, doch als sie sahen, dass es kein Entrinnen gab, ließen sie es mit ausdruckslosem Gesicht über sich ergehen. Allen Jungen wurden die Haare kurzgeschnitten. Dann wurden ihnen Hosen, Hemden, Schuhe und ein weiteres Bündel Wäsche überreicht. Männer halfen ihnen, sich anzuziehen; dann standen die Jungen in ihren seltsamen Uniformen in einer Reihe da und die Männer nickten zufrieden. Für Grauer-Wolf waren es keine Freunde und Helfer, sondern Feinde. Wieder wurde ihnen das Schild mit ihren Namen umgehängt und sie mussten in einen weiteren Raum gehen. Hier saß eine Frau an einem Pult, die von jedem
Kind die Herkunft und den Namen in ein Buch schrieb. Dann wählte sie aus einer Liste einen englischen Namen und schrieb ihn ebenfalls in das Buch und auf das Schild. „Du heißt nun Georg!“, erklärte sie Grauer-Wolf mit einem Lächeln. Sie tippte ihn an die Brust und wiederholte den neuen Namen: „Georg!“
„Sunkmanitu-tanka hota emaciapelo!“, betonte Grauer-Wolf. „Ich heiße Grauer-Wolf!“
„Nein, nein!“ Die Dame schüttelte energisch den Kopf. „Du heißt nun Georg! Sag deinen Namen!“
Kerstin Groeper
Kerstin Groeper als Tochter des Schriftstellers Klaus Gröper in Berlin geboren, verbrachte einen Teil ihres Lebens in Kanada. In Kontakt mit nordamerikanischen Indianern entdeckte sie ihre Liebe zur indianischen Geschichte, Kultur und Sprache. Sie lernte Lakota, die Sprache der Teton-Sioux und ist aktives Mitglied einer Vereinigung, die sich der Unterstützung zum Fortbestehen der Sprache und Kultur der Teton-Sioux widmet und Mitarbeiterin beim Aufbau der Lakota Village Circle School auf der Pine Ridge Reservation in South Dakota. In Deutschland führt sie regelmäßig Referate und Seminare über die Sprache, Kultur und Spiritualität der Lakota-Indianer durch. Kerstin Groeper arbeitete als Autorin für Omni und Penthouse und schreibt heute Artikel zum Thema Indianer u.a. für das renommierte Magazin für Amerikanistik. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in der Nähe von München.