Mohawk Love - Eine Liebe in Toronto
Eine nostalgische Reise in die 80ger Jahre: Ein Au-Pair-Mädchen reist nach Toronto und verliebt sich in einen Ureinwohner. Taschenbuch, 380 Seiten.
Krissy hat nach dem Fachabitur nur einen Plan: möglichst weit weg von dem Drama zuhause und ihrem despotischen Vater. Kanada ist gerade weit genug weg – und so bewirbt sie sich als Nanny, um ein Jahr im Land ihrer Träume zu verbringen. Die Realität in Toronto ist jedoch nicht ganz so, wie sie sich das vorgestellt hat. Sie kommt mit der Familie nicht klar, und zu allem Unglück wird sie auch noch überfallen und vor ein vorbeifahrendes Auto gestoßen. Der Dieb entkommt, doch der Fahrer des Autos entpuppt sich als kanadischer Ureinwohner, der Krissy hilfsbereit nach Hause fährt. Eine zarte Beziehung bahnt sich zwischen ihr und Jordan an, doch Krissy schwankt zwischen der Liebe zu Jordan und den Wunsch ihres Vaters, in Deutschland ein Studium zu beginnen. Hat ihre Liebe eine Zukunft? Krissy muss erkennen, dass Kanada auch seine Schattenseiten hat, wenn es um seine Ureinwohner geht. Als die Schwester von Jordan verschwindet, wird ihre Beziehung auf eine harte Probe gestellt – und Krissy muss sich entscheiden: Ihre Liebe oder das Studium.
Eine nostalgische Zeitreise ins Jahr 1981 – in ein Land der Träume, das allen offen stand – nur nicht den eigenen Ureinwohnern. eine fast autobiografische Geschichte.
Amerindian Research Heft 1 /2021
Wie uns die Autorin in einem kurzen Epilog wissen lässt, hat sie als junge Frau bei einem Aufenthalt in Kanada vieles von dem Alltäglichen und Besonderen erlebt und beobachtet, das sie detailreich erzählt. Sie hat allerdings nicht wie die – fiktive – Neuzehnjährige, die nach dem Fachabitur den Querelen mit ihrem Vater in einem bayerischen Dorf mittels eines Aufenthalts als Au-pair-Mädchen in Toronto entflieht, ihre große Liebe zu einem Mohawk, einem jungen Studenten aus der Bevölkerungsgruppe der „First Nations“ erlebt. Doch hat sich die Autorin ihre Zuneigung zu den Nachfahren der Ureinwohner, den „Indianern“, bewahrt und schildert deren Lebensweise und Kultur, vor allen die der jungen Leute zu Beginn der 1980er Jahre in Toronto und Umgebung. Mit vielen Hinweisen auf den damaligen „Kulturkonsum“ der Jugendlichen von Fernsehserien, Kinofilmen und Musik-Hits öffnet sie diesen Leibesroman auch für alle diejenigen, die damals jung waren, zu einem nostalgischen Erinnern an die Zeit vor 40 Jahren. Probleme von latentem Rassismus gegenüber den in die moderne Gesellschaft hineinwachsenden Mitgliedern der „First Nations“ und auch von Verbrechen von ihnen werden aufgezeigt. Zufälle sind es, die so junge Menschen aus völlig unterschiedlichen Kulturkreisen zusammentreffen lassen. Aufgeschlossenheit gegenüber dem Fremden, Hilfsbereitschaft und Zuneigung lassen die Schranken zwischen angestammten unterschiedlichen Verhaltensweisen verschwinden. Es kann sich sogar daraus Liebe entwickeln, die - wie hier – ein junges Mädchen zu einer jungen Frau werden lässt, die eigene Entscheidungen gegen manche Schwierigkeiten fällt und so den eigenen Lebensweg bestimmen möchte. Dieser Roman ist jedoch nicht nur etwas für die ganz Jungen, die auf der Suche nach dem persönlichen Lebensglück sind, und für die Alten, die in Erinnerungen schwelgen können, was die Unterhaltungsszene ihnen einst zu bieten hatte. Er eignet sich auch besonders für junge Mädchen, die erwägen, als Au-pair-Mädchen ins Ausland gehen zu wollen, im vornherein zu beobachten und zu bedenken, was ihnen dabei alles passieren könnte. Wenn auch die Romanheldinnen und -helden frei erfunden sind, so doch nicht die vielen Einzelheiten, die das Leben ausmachen konnte, womit sie um 1980 in Kanada konfrontiert werden konnten und auch anderswo in einem gewissen Kulturschock zu bewältigen hätten.- Der angesprochene Leserkreis ist also groß!
Rezension im Magazin für Amerikanistik Heft 1 /2021
Dieses Buch ist frisch, locker und unbefangen erzählt, in einer Sprache, die einen nostalgisch in die 1980er Jahre zurückversetzt. Man taucht in die Gedankenwelt eines damaligen Teenagers ein, der für sich die Welt erobern wollte, die „Kanada“ hieß und die, verglichen mit der engen bayrischen Provinz, tatsächlich die „Welt“ war – unendlich groß, unendlich verheißungsvoll, unendlich fremd und aufregend, aber auch unendlich schön.
So leicht sich das auch alles liest – es hat Tiefe, es hat Herz, es hat Seele. Die Autorin hat eine Tür in eine Zeit aufgestoßen, hinter der das Abenteuer der damaligen Jugend lockt, das den Leser anregt, anzieht und mitreißt. Man ist plötzlich selbst wieder jung und voller Lust auf Freiheit, Neugier, voller Offenheit- und voll unberührtem Leben. Dieses Leben gilt es noch zu entdecken und zu genießen. Risiken, Enttäuschungen, Niederlagen – das alles zählt nicht. Es schmerzt vielleicht, aber es gehört dazu. Dieser Schmerz ist die Grundlage für den Sieg des Ichs über die anderen, über die Miesmacher und Einschüchterer. Es ist die Basis für einen Großen Gewinn der eigenen Persönlichkeit, für die Kraft, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Ohne Schmerz keine Freude und kein Triumph. Die Protagonistin dieser Geschichte schafft das alles. Wir haben hier ein Buch voller positiver Energie, Fröhlichkeit, Leben und Liebe. Ein Buch, das manchmal nachdenklich stimmt, aber das vor allem Spaß macht. Sehr lesenswert.
Dietmar Kuegler.
... Dann stand sie unentschlossen vor dem riesigen Cineplex – und überlegte, welchen Film sie sich ansehen wollte. „Chariots of Fire“ Stand zur Auswahl, und jede Menge andere Filme, die sie aber nicht so interessant fand. Sie entschied sich für „Fame“, das in einem kleineren Saal lief; er wurde wiederholt als Werbung für eine Serie, die ab Januar im Fernsehen laufen sollte. Krissy war schon von „Saturday Night Fever“ mit John Travolta begeistert gewesen und kaufte sich eine Karte für die Nachmittagsvorstellung. Sie fand den Film toll! Die Tänze und Musik waren mitreißend, und sie fand den schwarzen – und etwas aggressiven – Hauptdarsteller gut. Auf jeden Fall wollte sie sich die Serie im Fernsehen anschauen!
Nach der Vorstellung verließ sie das Einkaufszentrum und schlenderte noch ein Stücke die Yonge-Street entlang. Gegenüber dem Eaton Centre lag noch ein weiteres Kino, und sie wunderte sich, wie sich so etwas rechnete. Gab es wirklich so viele Besucher für zwei so riesige Kinos? Ansonsten wirkte die Yonge Street recht amerikanisch. Ein Geschäft reihte sich an das andere, und dichter Verkehr schob sich durch die breit angelegte Straße. Hin und wieder fuhr auch ein breites, gelbes Auto der Polizei vorbei, das aufmerksam den Verkehr beobachtete.
Krissy fiel siedendheiß ihr Reisepass ein, den sie immer dabeihaben sollte. Hatte sie ihn eingesteckt? Sie durchsuchte schnell ihre Handtasche und war erleichtert, ihn vorzufinden. Puh! Es dämmerte bereits, und so kehrte sie um, weil sie zur U-Bahn gehen wollte. Ein rücksichtsloser Stoß brachte sie unvermittelt aus dem Gleichgewicht, während gleichzeitig jemand versuchte, ihr die Handtasche zu entreißen.
Sie schrie vor Empörung und wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung. Krampfhaft klammerte sie sich an der Tasche fest, damit der Dieb sie ihr nicht entreißen konnte. Ihr Pass! Das war ihr einziger Gedanke. Der Typ war groß und kräftig, aber ziemlich schlank. Er hatte eine dunkle Hautfarbe und trug verwahrloste Kleidung. Eine Strickmütze war tief ins Gesicht gezogen, so dass sie sein Gesicht kaum sehen konnte. Ihr Blick konzentrierte sich auf seine kräftigen Hände, die an der Tasche zerrten. Mehrere schlecht gemachte Tattoos waren auf den Handrücken mit blauer Tinte – vermutlich sogar nur mit einem Kugelschreiber – eingeritzt worden. „Lass los!“, brüllte sie erst auf Deutsch und dann mit schriller werdender Stimme auf Englisch.
Erste Menschen drehten sich bereits zu ihnen um. Dem Dieb war offensichtlich die Aufmerksamkeit zu groß, denn genauso schnell, wie er sie überfallen hatte, ließ er auch wieder los und hetzte davon. Zwei Passanten versuchten noch, ihn aufzuhalten, doch er stieß sie einfach beiseite und verschwand in einem U-Bahn-Aufgang.
Krissy konnte ihr Gleichgewicht nicht mehr halten, trat einen Schritt zurück und geriet in den vorbeirollenden Verkehr. Mit der Hüfte prallte sie gegen ein Auto, wurde kurz mitgerissen und stürzte knapp neben dem Auto auf die Straße. Reifen quietschten, als das Auto mit einem Ruck zum Stehen kam. Ein junger Mann sprang heraus und fluchte laut. „Shit!“ Mit eiligen Schritten stürzte er um das Auto herum und half ihr auf. „Hast du dich verletzt?”, fragte er auf Englisch. Seine Stimme klang besorgt und total erschrocken.
Alles, was sie sehen konnte, war, dass er ziemlich groß war und einen langen Mantel und einen komischen Hut trug. Dann beugte sich sein Gesicht zu ihr, und sie sah dunkle, fast schwarze Augen. Unter dem Hut löste sich ein langer Zopf mit schwarzem Haar.
Inzwischen hatten sich mehr Passanten eingefunden, die in einem Halbkreis um die Unfallstelle standen. Der junge Mann starrte sie erschrocken an und machte eine hilflose Handbewegung. „Tut mir leid, aber Sie sind einfach vor mein Auto getaumelt. Ich konnte nicht mehr bremsen.“
„Schon okay“, hauchte Krissy – immer noch im Schock. „Jemand hat versucht, mir meine Tasche zu klauen, und mich geschubst. Ich glaube, mit mir ist alles in Ordnung.“ Sie klopfte sich den Dreck aus dem Mantel und rieb sich das Knie. Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht tastete sie nach der Hüfte, die fürchterlich zu pochen anfing. „Verflixt!“, sagte sie auf Deutsch.
Wie aus dem Nichts tauchte wieder das Polizeiauto auf, das wohl ein aufmerksamer Zeuge gerufen hatte. Zwei Polizisten näherten sich und fragten, was denn passiert sei. Aus dem Kuddelmuddel der Zurufe dachten die Ordnungshüter wohl, dass der junge Mann der Schuldige wäre, denn reichlich unfreundlich pressten sie ihn gegen sein Auto, drehten ihm die Arme auf den Rücken und legten ihm Handschellen an. Der junge Mann schimpfte lautstark, doch die Polizisten hörten nicht auf ihn. Krissy trat dazwischen und versuchte ihre Stimme wiederzufinden. „Nein, ihr macht ja alles noch viel schlimmer! Er war es doch gar nicht!“
Sie musste die Sätze zweimal wiederholen, ehe die Polizisten sich ihr zuwandten. „Er hat sie nicht angefahren?“, fragte der ältere verwundert.
„Doch, schon, aber nicht mit Absicht! Ich wurde überfallen und von dem Dieb vor das Auto geschubst. Fragen Sie doch die anderen Passanten!“
Der Polizist wurde freundlicher und ließ sich den Pass zeigen. „Oh, Sie sind aus Deutschland?“, fragte er interessiert.
„Ja, ich arbeite hier als Nanny. Heute ist mein freier Tag, und ich war hier im Kino.“
„Können Sie den Mann beschreiben, der sie überfallen hat?“
Krissy blickte auf den jungen Mann, der immer noch in Handschellen dastand. „Können Sie ihn bitte freilassen? Er hat ja nur versucht, mir zu helfen!“
Die Polizisten sahen sich an, nahmen dem jungen Mann endlich die Handschellen wieder ab und ließen sich ebenfalls den Ausweis zeigen. Sie nahmen die Personalien auf, was dem Mann wohl nicht recht war. Er wurde zusehends nervöser. „Liegt etwas gegen mich vor, Sir?“, erkundigte er sich besorgt.
„Nein, Sie werden vielleicht nur als Zeuge gebraucht. Sie sind Mohawk aus der Grand River Reservation?“
Der junge Mann nickte bestätigend. „Macht mich das zum Kriminellen?“ Sein Tonfall klang sarkastisch.
„Was machen Sie hier in Toronto?“, fragte der Polizist unbeeindruckt.
„Studieren!“
Nun hob der Polizist doch etwas überrascht die Augenbrauen. „So, so.“ Er gab den Ausweis zurück und nickte in Richtung des Autos. „Sie können weiterfahren. Wir haben ja Ihre Personalien, falls noch etwas wäre.“
Ohne sich zu rühren blieb der junge Indianer stehen. „Ich wollte nur sehen, ob es ihr gutgeht.“
Die Polizisten nahmen noch die Personalien der anderen Zeugen auf und wandten sich schließlich wieder an Krissy. „Können Sie den Täter näher beschreiben?“
Krissy gab eine flüchtige Beschreibung ab und erinnerte sich dabei an die seltsamen Tattoos.
Der Polizist schüttelte den Kopf. „Das wird schwierig werden! Aber wir informieren Sie, sollten wir etwas herausfinden. Zum Glück ist Ihnen ja nichts gestohlen worden. Wollen Sie Anzeige erstatten?“
Krissy verneinte. Sie hatte keine Lust, im Ausland auf irgendein Polizeirevier zu fahren und stundenlang herumzusitzen. „Können wir Ihnen noch irgendwie helfen?“, fragte der Polizist höflich.
Krissy hob abwehrend die Hand. „Nein, mir geht es gut. Nur mein Mantel ist ganz schön schmutzig geworden.“ Sie schaute an ihrem hellen Lodenmantel herunter und seufzte. „Ich muss zurück! Meine Gastfamilie will heute Abend ausgehen. Ich bin eh schon spät dran!“
„Sie brauchen keinen Krankenwagen?“, erkundigte sich der Polizist.
Krissy schnaubte. Sie wollte wirklich kein Aufhebens um sich machen. Sie hatte eher Angst, dass sie zu spät kam und die Goodmans vielleicht enttäuscht von ihr wären. „Nee, nee – alles gut!“, versicherte sie.
„Na schön …“ Etwas unsicher verabschiedeten sich die Polizisten und fuhren schließlich davon.
Krissy seufzte und wischte sich kurz über die Nase. Sie schlotterte immer noch, und ihre Hüfte tat weh. Sie warf dem jungen Mann einen freundlichen Blick zu und hatte das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. „Tut mir wirklich leid …!“
„Sie können ja nichts dafür …!“, wehrte der junge Mann ab. „Kommen Sie klar?“
„Ich denke schon!“ Krissy machte einen vorsichtigen Schritt und stöhnte hörbar. „Oh, ich glaube, das wird ein ordentlicher blauer Fleck!“ Sie humpelte einen weiteren Schritt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht drehte sie sich zu ihm, um sich zu verabschieden. „Sorry für die ganzen Umstände!“
„Wo wohnen Sie denn? Soll ich Sie nicht lieber heimfahren?“ Der junge Mann hatte den Hut abgenommen und drehte ihn verlegen in den Händen. „Ich meine … schließlich habe ich Sie ja angefahren.“
„Aber nicht absichtlich!“, stellte Krissy klar.
„Das ändert aber nichts an der Tatsache …“ Der Indianer lächelte unsicher. Er machte eine einladende Handbewegung. „Wirklich … ich habe Zeit … und Sie sagten doch, dass sie rechtzeitig wieder zuhause sein müssen.“
Krissy kniff zweifelnd die Augen zusammen. „Echt? Ich wohne in Forest Hill …!“
„Prima, das ist ja nicht so weit. Ich fahre Sie!“ Der junge Mann übernahm die Initiative und öffnete die Beifahrertür. Mit einem Nicken deutete er auf den Verkehr, der sich an der Unfallstelle vorbeidrückte. „Wir sollten besser fahren, ehe hier ein Hupkonzert losgeht.“
Kerstin Groeper
Kerstin Groeper als Tochter des Schriftstellers Klaus Gröper in Berlin geboren, verbrachte einen Teil ihres Lebens in Kanada. In Kontakt mit nordamerikanischen Indianern entdeckte sie ihre Liebe zur indianischen Geschichte, Kultur und Sprache. Sie lernte Lakota, die Sprache der Teton-Sioux und ist aktives Mitglied einer Vereinigung, die sich der Unterstützung zum Fortbestehen der Sprache und Kultur der Teton-Sioux widmet und Mitarbeiterin beim Aufbau der Lakota Village Circle School auf der Pine Ridge Reservation in South Dakota. In Deutschland führt sie regelmäßig Referate und Seminare über die Sprache, Kultur und Spiritualität der Lakota-Indianer durch. Kerstin Groeper arbeitete als Autorin für Omni und Penthouse und schreibt heute Artikel zum Thema Indianer u.a. für das renommierte Magazin für Amerikanistik. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in der Nähe von München.