Donnergrollen im Land der grünen Wasser
Nominiert als bester historischer Roman: "Donnergrollen handelt" um 1540 bei den Choctaw und Menominee; Klappenbroschur
Maisblüte, ein junges Mädchen der Choctaw-Indianer am Alabama-Fluss, wächst wohlbehütet im Dorf ihres Vaters auf.
Ihr Häuptling Tuscalusa ist ein mächtiger Mann, der von den Nachbarvölkern gefürchtet wird. Gleichzeitig bereitet sich
im hohen Norden der Schildkröteninsel ein junger Mann der Menominee namens Machwao auf seine erste große
Handelsreise in den Süden vor. Ihre beiden Leben nehmen eine dramatische Wendung, als Männer aus einem fernen
Land mit seltsamen Helmen und auf bedrohlichen vierbeinigen Monstern mordend und brennend durch das Land ziehen.
Die Spanier zerstören auf ihrer Suche nach Gold alles, was sich auf ihrem Weg befindet; doch die schlimmste
Gefahr, die von ihnen ausgeht, ist unsichtbar: Krankheiten dezimieren die Urbevölkerung und zerstören dabei blühende
Kulturen. Auch Maisblüte gerät als Sklavin in die Fänge der spanischen Conquistadores, die auf ihrem Weg nach Norden
auch bald für Machwao zur Bedrohung werden. Die Schicksale dieser beiden Menschen verknüpfen sich auf abenteuerliche Weise.
Ein historischer Roman über eine fast unbekannte Zeit:
Die Ankunft der Spanier um das Jahr 1540 in Nordamerika
Rezension im Magazin für Amerikanistik (Ausgabe 1/ 1. Quartal 2018)
Donnergrollen im Land der grünen Wasser
Die frühe Kontaktperiode in Nordamerika, als im nordamerikanischen Osten die ersten Kolonisten an Land gingen und von Südamerika aus spanische „Entradas“ nordwärts zogen und mit Feuer, Kreuz und Schwert in indianische Siedlungsgebiete einfielen, gehört zu den eher vernachlässigten Themen im deutschen Indianerroamn. Dabei bietet diese Zeit von vor fast 500 Jahren nicht nur eine facettenreiche Geschichte, sondern mehr als ausreichend Stoff für fesselnde Erzählungen. Die „Bühne“ für große Romanhandlungen, für Emotionen, Dramatik, Triumph und Tragödie ist durch die Protagonisten jener Zeit, die von blutigen Eroberungen und Missionierungen geprägt war, gut bereitet.
Das Hauptinteresse vieler Menschen in Europa liegt heute eher auf der Besiedelung der westlichen Weiten Nordamerikas. Diese Periode gewann aber erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts an Dynamik, also relativ spät. Und sie dauerte nur wenige Jahrzehnte.
Merkwürdigerweise ist der Vormarsch der Spanier, die von Südamerika und Mexiko aus in den amerikanischen Südwesten einfielen und nordwärts bis in die Great Plains und darüber hinaus vordrangen, so gut wie vergessen.
Die kolonialen Eroberungen in den Gebieten der Großen Ebenen und Rocky Mountains, sowie auf dem Plateau und an der Pacific-Küste waren in ihren Abläufen schlimm genug. Was sich aber im 16. Jahrhundert unter Führung der spanischen Konquistadores und der sie begleitenden Missionare abspielte, war von so unglaublicher Brutalität, dass es selbst in den Tagen des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit jeden Rahmen sprengte.
Dieser neue Roman Kerstin Groepers führt zurück in jene Zeit, die von christlich-abendländlichem Kulturimperialismus geprägt war, für den die eingeborenen Völker teuer bezahlen mussten.
„Maisblüte“, eine junge Choctaw-Indianerin am Alabama River, wächst im Dorf ihres Vaters auf. Zu dieser Zeit bereitet sich hoch im Norden ein junger Menominee namens Machwao auf seine erste große Handelsreise in den Süden vor. Das Leben der beiden jungen Indianer aus verschiedenen Kulturräumen nimmt eine dramatische Wendung, als spanische Konquistadores von Süden heraufziehen. Die Spanier zerstören auf ihrer Suche nach Gold alles, was sich auf ihrem Weg befindet.
Aber nicht nur Gier und Missionierungsdrang werden zur Todesgefahr für alle Völker, denen sie begegnen. Sie bringen Krankheiten mit, die den Indianern bis dahin unbekannt waren und gegen die sie sich nicht wehren können. Die Spanier brechen jeden Widerstand und verschleppen junge Männer und Frauen. Auch Maisblüte gerät zunächst in die Sklaverei und später in Gefangenschaft der Menominee. Ihr Leben verbindet die Handlungsstränge dieser umfangreichen, von historischen und kulturellen Elementen geprägten Geschichte miteinander.
Geschichte, und sei sie noch so intensiv und detailliert skizziert, bleibt oft steril. In einem gut recherchierten und geschriebenen Roman erwacht sie zum Leben. Dabei ist es immer das menschliche Schicksal, das Geschichte erlebbar macht. Das Schicksal Einzelner, mit dem der Leser sich identifizieren kann.
Das Drama eiens ganzen Volkes, einer ganzen Region mag noch so groß sein – es sind die Erfahrungen eines Einzelnen oder weniger Menschen, die direkt unter die Haut gehen. Der Leser erfährt Tragik, Leid und Freude weitaus intensiver.
Indem die Autorin die historischen Ereignisse auf ihre Protagonisten projeziert, wird all das, was sich vor Jahrhunderten abgespielt hat, gegenwärtig und greifbar.
Denkweisen, Mentalitäten, Weltsicht – das alles ändert sich über lange Zeiträume. Menschliche Emotionen bleiben ähnlich. Der Leser von heute kann Angst, Zweifel, Schmerz und Freude bildhaft nachempfinden. In Verbindung mit geschichtlichen Abläufen verlieren solche Vorgänge die wissenschaftliche Distanz.
Dieser Roman bietet ein starkes Stück Leben, die Reflektion einer Zeit, die scheinbar weit weg ist, der wir alle aber – wenn wir uns in der Welt umschauen, noch immer weitaus näher ist, als es uns lieb ist. Dieser Roman bietet daher mehr als nur gute Unterhaltung: Ein spannendes Leseabenteuer. Das Buch hält dem Leser auch einen Spiegel vor. Sehr empfehlenswert. (Dietmar Kuegler)
Rezension im Amerindian Research Band 12 /4 2017:
Kerstin Groeper entführt uns in ihrem neuen Roman wieder nach Nordamerika, diesmal jedoch in eine andere Region als sonst. Die Rahmenhandlung bildet der Entdeckungszug des Hernando de Soto, der von 1538 bis 1542 durch den Süden der heutigen USA zog und auf der Suche nach dem Pazifik war – dem direkten Weg nach China. Die Geschichte beginnt mit der Konfrontation zwischen den Spaniern und den Tuscalusa im heutigen Alabama. Hier lernt der Leser die Hauptheldin Maisblüte kennen. Sie wird gefangen genommen und muss als Sklavin mit den Spaniern ziehen. Diese ziehen kreuz und quer durch das Land, ohne eine Ahnung, wo sie sich wirklich befinden. Ein zweiter Erzählstrang spielt bei den Menominee, die weit im Norden, im heutigen Wisconsin, zu Hause waren. Hier lernen wir den Haupthelden Machwao kennen. Geschickt versteht es Kerstin Groeper, die beiden Handlungsstränge nach und nach immer enger zusammen zu führen. Dabei erzählt sie eine Geschichte voller Spannung, die auch die ganze Brutalität der spanischen Eroberer beschreibt. Wie bei ihren historischen Romanen üblich, hat die Autorin die Fakten sehr gründlich studiert und trotz der fiktiven Geschichte entsteht vor dem Leser ein authentisches Bild der indianischen Gesellschaften am Mississippi im 16. Jahrhundert. Der Inhalt der Geschichte soll hier nicht wiedergegeben werden. Es sei nur so viel gesagt, dass sich die Lektüre des Buches beim Leser einprägen wird. Es ist mit Sicherheit eines der besten Bücher der Autorin. MK
Tage vergingen, in denen geerntet, der Mais von den Kolben geschabt und zum Teil zum Trocknen in die Sonne gelegt wurde. Fast hatte Maisblüte das Gespräch ihres Vaters mit dem Minko vergessen, so sehr war sie mit ihren Arbeiten beschäftigt. Nur die Ankunft weiterer Krieger aus Nachbardörfern zeugte davon, dass etwas Ungewöhnliches vor sich ging. Die Täler am Piachi-Fluss waren fruchtbar und daher dicht besiedelt. Jedes Dorf schickte Männer zur Verteidigung, während andere auch dort die Ernte einbrachten. Dann kam ein Kundschafter, den der Sohn des Häuptlings geschickt hatte, mit beunruhigenden Nachrichten zurück. Er berichtete von dem schnellen Vorwärtskommen der Fremden und mit welcher Brutalität sie dabei vorgingen. „Sie haben jedes Dorf auf ihren Weg ausgeraubt und geplündert! Meine Kundschafter erzählen auch von den Dörfern noch weiter im Osten. Dort sind im letzten Jahr seltsame Krankheiten ausgebrochen, die viele Menschen dahingerafft haben. Sie glauben, dass es die Fremden sind, die Tod und Zerstörung bringen. Wir müssen uns vorbereiten.“
Maisblüte hörte von ihrem Vater über diese besorgniserregenden Nachrichten. Große-Schlange schüttelte energisch den Kopf. „Wir müssen diese Fremden aufhalten, ehe sie Tod und Zerstörung zu uns bringen! Der Heilige Mann soll seinen Zauber über sie ausbreiten, damit wir sie vernichten können!“
Maisblüte erkannte sehr wohl die Gefahr, in die sie sich begab. Aber sie war eine Jungfrau und so war es ihre Aufgabe, das Volk zu schützen. Es war nicht mehr nur eine abenteuerliche Reise, sondern eine heilige Handlung. Sie musste packen, damit sie am nächsten Tag ihre Reise antreten konnte. Ihr war seltsam zumute, denn sie war noch nie von ihrem Dorf entfernt gewesen. Atahachi lag drei bis vier Tagesreisen von Mabila entfernt und mindestens einmal mussten sie einen Fluss überqueren. Sie hatte keine Ahnung, wie diese Fremden, von denen der Häuptling gesprochen hatte, sein würden. „Mutter!“, bat sie mit bangem Herzen. „Was wird von mir erwartet, wenn wir diesen Fremden begegnen?“
Die Mutter faltete einen Umhang zusammen und legte ihn bedächtig in einen Tragekorb. „Du wirst es wissen, wenn du dort ankommst! Mach dir keine Sorgen! Der Heilige Mann wird dir sagen, was zu tun ist. Und es werden so viele Krieger dabei sein, die euch schützen werden.“
„Und wenn es zum Kampf kommt?“
„Tuscalusa wird nicht in Atahachi kämpfen! Er lockt diese Fremden hierher. Warte nur ab!“ Die Mutter klang so zuversichtlich, dass Maisblüte ihre Zweifel beiseite schob. Es wäre respektlos, ihre Mutter weiter zu ängstigen.
„Außerdem sind auch unsere anderen Dörfer befestigt. Wir haben überall Krieger, die sich zu verteidigen wissen“, fuhr die Mutter fort. „Du darfst dich nicht mit zu vielen Gedanken quälen, denn sonst kommt Impashilup und frisst deine Seele. Denke an gute Dinge, denn das wird dich schützen!“
Maisblüte schob sich eine Strähne ihres Haares nach hinten, die ihr vor die Augen gefallen war. „Ach, ich bin einfach nur aufgeregt“, murmelte sie entschuldigend. Sie sagte nicht, dass auch die Dörfer der Stämme weiter im Osten befestigt gewesen waren. Dort hatten sich die Menschen nicht schützen können.
Die Mutter lächelte. „Tochter! Ich wäre auch aufgeregt, wenn ich so eine Reise machen dürfte. Du wirst die anderen Dörfer sehen und viele Menschen treffen. Du hast eine wichtige Aufgabe!“ Maisblüte nickte geschmeichelt. „Ja, ich weiß. Man ist nur einmal die Jungfrau des Heiligen Mannes. Bald werde ich eine Frau sein und heiraten, dann kann ich diese Dinge nicht mehr tun.“
„Erinnere dich an die Tugenden und an die Aufgabe, die dir anvertraut wurden. Du begleitest den Hopaii und den Minko, um diesen Fremden zu begegnen und Schaden von uns abzuwenden. Das ist ehrenvoll.“ Maisblüte senkte den Blick. „Ich weiß. Ich werde tun, was von mir verlangt wird.”
„Hier, diese Sachen ziehst du auf der Reise an, damit deine schönen Gewänder geschont werden.“ Die Mutter gab Maisblüte einen einfachen Schurz und einen Umhang aus Hirschfell. Es wurde bereits kühl, sodass es klug war, an wärmere Kleidung zu denken. Außerdem reichte sie ihr Mokassins, die mit einer weiteren Sohle verstärkt waren. Meist liefen die Menschen einfach barfuß, aber der Weg war lang und steinig. Es gab Wege zwischen den Dörfern, doch für einen langen Fußmarsch war es besser, Mokassins zu tragen. Zwischen Mabila und dem nächsten Dorf musste ein Berg überwunden werden, der als unwegsam galt. Dann wickelte die Mutter ein wenig Wegzehrung in Maisblätter. Sie vertraute darauf, dass die Krieger unterwegs Wild jagten, aber ein bisschen getrocknetes Fleisch und Fladen würden Maisblüte unterwegs guttun. Dann suchte sie einen ausgehöhlten Kürbis, in dem Maisblüte Wasser mitführen konnte. Anschließend führte sie ihre Tochter zur Chukka des Hopaii. Dort würde sie mit den anderen Mädchen die Nacht verbringen, um dann am Morgen die Reise anzutreten.
Kerstin Groeper
Kerstin Groeper als Tochter des Schriftstellers Klaus Gröper in Berlin geboren, verbrachte einen Teil ihres Lebens in Kanada. In Kontakt mit nordamerikanischen Indianern entdeckte sie ihre Liebe zur indianischen Geschichte, Kultur und Sprache. Sie lernte Lakota, die Sprache der Teton-Sioux und ist aktives Mitglied einer Vereinigung, die sich der Unterstützung zum Fortbestehen der Sprache und Kultur der Teton-Sioux widmet und Mitarbeiterin beim Aufbau der Lakota Village Circle School auf der Pine Ridge Reservation in South Dakota. In Deutschland führt sie regelmäßig Referate und Seminare über die Sprache, Kultur und Spiritualität der Lakota-Indianer durch. Kerstin Groeper arbeitete als Autorin für Omni und Penthouse und schreibt heute Artikel zum Thema Indianer u.a. für das renommierte Magazin für Amerikanistik. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in der Nähe von München.