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Rachel und Sean Qitsualik-Tinsley

Skrälinge

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4,90
€ 9,90

Erschienen: Die Wikinger bedrohen eine Siedlung der Tuniit - in der Arktis. Erzählt von den Autoren Sean und Rachel Qitsualik-Tinsley.

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In dieser  abenteuerlichen Geschichte – die in der alten Arktis angesiedelt ist – stolpert ein Inuit-Jäger namens Kannujag unabsichtlich in ein feindliches Dorf und gerät dabei in große Gefahr. Bei den Bewohnern handelt es sich um Tuniit, ein Volk der Vorfahren, das für seine Stärke, aber auch seine Scheu bekannt ist. Nur selten haben Fremde sie überhaupt zu Gesicht bekommen. Diese Ruhe wird gestört, als mörderische, blasshäutige und bärtige Fremde in riesigen Booten in der Form von riesigen Prachttauchern an der Küste auftauchen. Ohne es zu wollen, wird Kannujag Zeuge eines Kampfes zwischen den Tuniit und einer Gruppe Wikinger. Während die Dorfbewohner sich für die Verteidigung ihres Dorfes rüsten, entdeckt der Junge, dass diese Wikinger nicht nur Krieg und Mord im Sinn haben …

„Skrälinge“ zeigt, was passiert, wenn zwei Kulturen aufeinanderprallen – und dies in der menschenfeindlichen Arktis, in der alle Parteien ums Überleben kämpfen. Ein Junge aus einer Gruppe von Robben- und Walrossjägern trifft auf ein Volk, das Rentiere jagt und wiederum von brutalen Wikingern angegriffen wird. Pfeil und Bogen trifft zum ersten Mal auf Stahl und Eisen! Ein Roman über das Erwachsenwerden und wie ein Junge sich in dieser feindlichen Umgebung bewähren muss – erzählt mit dem traditionellen Wissen und der ganz besonderen Magie der Inuit.

Rezension im Magazin für Amerikanistik 2/2020

Man kann sie mit Fug und Recht als „vergessene Völker“ ansehen – die Inuit, die Tuniit und  andere menschliche Kulturen der Arktis, die in unserer Welt in der Regel pauschal als „Eskimo“ bezeichnet wer- den. Allein deren klimatischer Lebensraum wirkt auf viele heutige Menschen, die sich nach Sonne und  Wärme sehnen, abstoßend. Wir Heutigen haben häufig den Blick für die Schönheit der Natur verloren, die nicht unseren Vorstellungen entspricht. Wir sind gefangen in unseren Normen und Strukturen, die uns ein Leben in einer immer enger werdenden Welt, die von Milliarden Menschen bevölkert ist, möglich machen,, die aber unsere Wahrnehmungen dämpfen.  Unsere Welt würde ohne Regeln und  Beschränkungen kollabieren. Das hat zu Abstumpfungen geführt.

So  etwas kannte der Inuit-Jäger Kannujag nicht. So  etwas konnte er sich nicht einmal vorstellen. Das hätte er vermutlich nicht einmal geglaubt. Er bewegte sich auf derselben Welt, auf der wir heute leben – und  doch  war sie so verschieden wie ein fremder Planet.

Der Inuit Kannujag ist verglichen mit uns wirklich „frei“ – frei in einem Maße, das für uns Heutige Utopie darstellt. Er erlebte eine Freiheit der Wahrnehmung, geistig, physisch, emotional, die uns wahrscheinlich sogar in Furcht  und Schrecken versetzen würde. Eine Freiheit, die ein Mensch nur  empfinden und  fühlen kann, der wie Kannujag in einem Lebensraum aufgewachsen ist, der keine Grenzen kennt – aber auch keine Gnade, keine Rücksicht. Gnadenlos, rücksichtslos schön und monströs zugleich.

Das macht diese  Geschichte  so anziehend  und  fesselnd.  Der Leser wird  unwiderstehlich  in  eine  Welt  hineingezogen,  die  fremd  und  beängstigend,  zugleich  aber überwältigend  und  faszinierend  erscheint. Kannujag  stößt bei  seinen  Streif-  und  Jagdzügen auf  ein  feindliches Dorf der Tuniit, ein Volk der Vorfahren, das Fremde nur selten zu Gesicht bekommen hat. Deren idyllische Existenz wird von mörderischen, blasshäutigen, bärtigen Fremden in riesigen Booten zerbrochen, die vor der Küste auftauchen. Kannujag wird Zeuge eines Kampfes zwischen den Tuniit und einer Gruppe Wikinger. Während die Dorfbewohner sich für die  Verteidigung  ihres  Dorfes  rüsten, entdeckt der Junge, dass diese Wikinger nicht nur Krieg und Mord im Sinn haben.

In diesem Buch wird exemplarisch beschrieben was passiert, wenn zwei Kulturen aufeinanderprallen. Dies wird in der menschenfeindlichen Arktis, in der ohnehin alle Lebewesen tagtäglich ums Überleben kämpfen, zu einer extremen Erfahrung.

Pfeil und Bogen treffen auf Stahl und Eisen. Die Erde, die für die Menschen der Arktis  nur  „das  Land“  ist,  das weder Anfang  noch  Ende kennt, hat auf  einmal unbekannte Grenzen. Ein junger Mann, der bis dahin nur die Härte und Gewalt der Elemente und der Natur kannte, lernt die Gewalt einer anderen Lebenswelt, einer anderen Kultur kennen. Den Autoren ist  eine  Geschichte  gelungen,  die  einerseits  kompakt, andererseits  aber in  einen  grenzenlosen  Horizont  eingebettet  ist.  Die Sprache erscheint schlicht, aber sie ist von geradezu elementarer Wucht. Sie erzeugt eine magische Sehnsucht und Beklemmung, sie geht unter die Haut, sie geht in den Kopf und  ins Herz. Der Übersetzer,  Michael Schiffmann, hat mit traumwandlerischer Sicherheit die richtigen Worte gefunden, um nicht nur den reinen Text, sondern auch den Geist dieses Buches und  die kreative Kraft der Autoren zu übertragen.

Dieses Buch hat eine Seele; derartige Bücher sind heute leider selten geworden. Das Buch  ist weit mehr als nur eine abenteuerliche, unterhaltsame Geschichte aus einer lange versunkenen Welt, an die man sich erinnern sollte. Es ist eine Wanderung in einen anderen Kosmos, die Entdeckung kultureller Wurzeln.                              

Dietmar Kuegler

 

Rezension im Amerindian Research Band 15/2 (2020)

Rachel Qitsualik-Tinsley stammt von den Inuit ab, ihr  Mann  Sean  ist  gemischter Herkunft.  Gemeinsam schrieben sie über einen Jäger der Inuit eine Erzählung, die zu der Zeit spielt, als die Wikinger in Amerika auf- tauchten. Die Geschichte wird aus der Sicht des Inuit geschrieben und gewinnt damit eine neue Dimension. Denn es wird dabei auch deutlich, wie sich die amerikanischen Ureinwohner gefühlt haben müssen, als sie plötzlich auf die ihnen völlig fremden Wesen mit unbe- kannten Waffen und mit großen Booten trafen.

So wird das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Kulturen sehr eindrucksvoll beschrieben, denn es läuft nicht friedlich ab. Die Wikinger überfallen ein Dorf der Tuniit und der Inuit kommt zufällig dazu und wird in die Auseinandersetzungen verwickelt.

Die spannende Geschichte wird von den Autoren in einem ganz eigenen Stil erzählt, der manches Mal etwas zu belehrend klingt und nicht unbedingt leicht zu lesen ist. Nach Ansicht des Rezensenten ist das Buch eher für Erwachsene als für Heranwachsende geeignet.       

MK

Kannujaq hatte die Augen geschlossen und sog die reine Luft durch die Nase ein; die Stille war derart intensiv, dass er auch noch das kleinste Geräusch in der Welt rings um sich wahrnehmen konnte. Ein Rabe krächzte leise; er öffnete die Augen und sah auf einem moosüberwachsenen Felsen in der Nähe. Im Himmel über ihm wiegte sich ein weiterer Rabe. Er lächelte, weil er wusste, dass er die Vögel mit seiner Anwesenheit störte, und sein Blick strich über die Felsrücken, die sich vor ihm erstreckten. Auf den niedrigen Hügeln mischten sich verschiedene Schattierungen von Braun, etwas Violett und einige Tupfer von Dunkelgrün, die von Heidekraut und von höchstens kniehohen Weidensträuchern stammten. In den Senken, den niedrigen Tälern zwischen den Hügeln, gab es kaum genug Schnee für seinen Hundeschnitten. Inzwischen war er klatschnass geschwitzt. Seinen erschöpften Hunden hingen ihre langen Zungen zum Hals heraus.
Schließlich verschwand Kannujaqs Lächeln. Obwohl das LAND ihm noch selten Furcht eingejagt hatte, spürte er nun einen Schauer von Angst.
Auf den am weitesten entfernten Felskämmen erspähte Kannujaq hier und da inuksuit – Anhäufungen von flachen Steinen, die sorgfältig so aufeinandergeschichtet waren, dass sie, wenn man ihre Silhouetten gegen den Himmel betrachtete, Menschen ähnlich sahen. Und Kannujaq wusste, wer sie gemacht hatte. Sein Großvater hatte es ihm erzählt. Die inuksuit waren das Werk der Tuniit, eines scheuen und merkwürdigen Volkes, das das LAND, lange bevor Kannujaqs Familie dort angekommen war, bewohnt hatte. Angeblich waren die Tuniit außerordentlich stark. Einen Stein von der Größe Kannujaqs hochzuheben war für einen Tuniit gar nichts. Und das war gut so, weil die Tuniit zum Jagen Steine benutzten. Da die inuksuit aussahen, als seien sie auf Hügeln stehende Menschen, mieden die Rentiere sie auf ihren Wegen. Es hieß, dass die Tuniit sich, wenn die Rentiere jedes Jahr dort vorbeizogen, diese neuen Wege zunutze machten, um die Tiere an Orte zu treiben, wo sie sie töten konnten. Die Tuniit jagten genau wie Kannujaqs Leute mit Pfeil und Bogen. Kannujaqs Großvater hatte einen der Jagdgründe der Tuniit gesehen: dort waren überall Knochen aufeinandergeschichtet – einige neu, andere ziemlich alt. Es war klar, dass die Tuniit schon seit Generationen auf diese merkwürdige Art gejagt hatten.

Kannujaq runzelte die Stirn, dachte an die Geschichten seines Großvaters, und nicht einmal die Herrlichkeit des LANDES konnte seine Gedanken von den Tuniit ablenken. Er dachte über den Jagdstil der Tuniit nach. Dieser brachte mit sich, dass sie praktisch immer an ein und demselben Ort blieben, vielleicht sogar das ganze Jahr über. Für Kannujaq war das eine komische Vorstellung. Seine Leute waren immer unterwegs, erkundeten die Welt, weil sie Spaß daran hatten, und immer wieder trennten Familienmitglieder sich von den anderen, gründeten ihre eigenen kleinen Gruppen und brachen auf zu neuen Ufern. Seit Generationen waren das Umherreisen und die Lust auf Neues der große Antrieb für sein Volk gewesen. Ringelrobben. Herrliche Wale. Stinkende Walrösser. All die Geschöpfe des Meeresstrandes – sie lieferten Nahrung und Werkzeuge und befeuerten eine Suche, deren einziger Sinn das Leben selbst war. Das Leben war voller Freude; es war eine einzige große Jagd.

Rachel und Sean Qitsualik-Tinsley

Rachel Qitsualik-Tinsley stammt von den Inuit ab und wurde in den 1950er Jahren in die traditionelle Kultur der Iglu und der Hundeschlitten hineingeboren. Später wurde sie Übersetzerin, Autorin und Aktivistin. Sie ist Spezialistin für Weltreligionen und gilt als Autorität auf dem Gebiet der Sprache und Mythologie der Inuit sowie ihrer Religion vor der Besiedlung der Arktis und Grönlands. Sie hat hunderte von Artikeln, etliche Nacherzählungen alter Mythen sowie viele eigene erzählerische Werke veröffentlicht. Derzeit konzentriert sie sich auf die Frage, wie Literatur für die Diskussion der einzigartigen mystischen und philosophischen Konzepte der Inuit, die aus einer alten Kosmologie noch vor dem Kontakt der Inuit mit der Außenwelt stammen, nutzbar gemacht werden kann. Sie möchte ihren Lesern das komplexe Denken zeigen, das sich hinter der Inuit-Kosmologie verbirgt. Rachel schreibt für ganz verschiedene Altersstufen und ihr Werk hat auch schon an Universitäten als Unterrichtsmaterial gedient. 2012 erhielt sie für ihre schriftlichen Beiträge zur kanadischen Kultur den Queen Elizabeth II Diamond Jubilee Award.

Sean Qitsualik-Tinsley ist gemischter Herkunft und stammt aus einer multikulturellen, naturverbundenen Tradition. In Toronto lernte er das Handwerk des Schriftstellers. Er ist Experte für Weltreligionen, vergleichende Esoterik und Mythologie und hat sich auf die Kosmologie der Inuit vor deren Einwanderung nach Nordkanada, Grönland und in die Arktis spezialisiert. 2005 erhielt er für die Kurzgeschichte „Green Angel“ (2005) einen internationalen Preis. Seitdem arbeitet er daran, die einzigartige Bilderwelt der Inuit vor der Besiedlung des Nordens darzustellen. Dabei kombiniert er fiktive erzählerische Elemente mit dem Weltbild des alten Denkens der frühen Inuit. Ihn faszinieren die Tiefenstruktur und die „magischen Geschichten“, die aus mythischen Gleichnissen entstehen. Seine fiktive und Sachliteratur, die zum Teil als Unterrichtsmaterial an Universitäten dient, richtet sich an sämtliche Altersstufen. Sean ist mit Rachel Qitsualik-Tinsley verheiratet.

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